Retrokausalität

Retrokausalität oder Rückwirkung ist ein hypothetisches Phänomen, welches voraussetzt, dass ein Ereignis vor seiner Ursache eintritt. Es ist in erster Linie ein Gedankenkonstrukt, das sich mit der Frage beschäftigt, ob die Zukunft die Gegenwart beeinflusst, und ob die Gegenwart die Vergangenheit beeinflusst.

Ein klassisches Beispiel der Retrokausalität ist eine sich selbst erfüllende Prophezeiung. Ein Bekanntes Beispiel: die Geschichte von Oedipus. Die Eltern des Jungen befragen ein Orakel und es prophezeit, dass Oedipus seinen Vater töten und seine Mutter heiraten wird. Um dies zu vermeiden, schickt sein Vater Oedipus gleich nach der Geburt weg. Deswegen weiß Oedipus nicht, wer seine richtigen Eltern sind. Er trifft zufällig seinen Vater und tötet ihn im Streit. Danach heiratet er auf einigen Schicksalsumwegen seine eigene Mutter.

Die Retrokausalität stellt den Ausgangspunkt in „Paycheck“ dar. Die Zukunft, die Jennings im Spiegel sieht, beeinflusst direkt die Gegenwart: er beschließt, diese Zukunft zu verändern. Die Ereignisse in der Zukunft sind also die Ursache für das, was ab jetzt in der Geschichte passiert. Die Frage, ob die Zukunft die Gegenwart beeinflussen kann, ist hiermit beantwortet. Allerdings gibt es hier keine sich selbst erfüllende Prophezeiung. Hier führen die Ereignisse nicht zu derselben Zukunft, die diese Ereignisse verursacht hat, sondern zu einer alternativen. Hiermit wären wir bei den anderen Aspekten der Zeitreise.

 

Der Schmetterlingseffekt

In komplexen, dynamischen Systemen besteht eine große Empfindlichkeit auf kleine Abweichungen in den Anfangsbedingungen. Geringfügig veränderte Anfangsbedingungen können im langfristigen Verlauf zu einer völlig anderen Entwicklung führen. Die Bezeichnung Schmetterlingseffekt stammt von einer bildhaften Veranschaulichung dieses Effekts von Edward N. Lorenz am Beispiel des Wetters:

„Predictability: Does the flap of a butterfly’s wings in Brazil set off a tornado in Texas?“ (Edward N. Lorenz : „Vorhersagbarkeit: Kann der Flügelschlag eines Schmetterlings in Brasilien einen Tornado in Texas auslösen?“ Science 320, 2008, S. 431.)

 

Parallelwelt

Man reist in die Vergangenheit, um jemandem das Leben zu retten, hat dabei Erfolg und kommt zurück, nur um herauszufinden, dass sich nichts verändert hat. Man hat durch den Eingriff in die Zeit also eine Parallelwelt erschaffen, die als ein zweiter Zeitstrang neben dem ersten existiert.

 

Der Beobachter-Effekt

Man reist in die Vergangenheit und verändert sie, aber die einzige Person, die zwischen der alten und der neuen Zukunft unterscheiden kann ist der Zeitreisende selbst. Das Ausmaß des Effektes zeigt sich darin, wie sehr der Zeitreisende betroffen ist. Existiert er „außerhalb“ der Zeit, könnte er von den Veränderungen gar nicht betroffen sein und wird deswegen ein Fremder in seiner „neuen“ Zukunft. Er kann, zum Beispiel, seinen Großvater in der Vergangenheit töten und in die Zukunft zurückkehren, in der es keine Aufzeichnungen seiner Existenz gibt.

 

Wenn es um Zeitreisen geht, ist es schwierig, eine Grenze zwischen dem Schmetterlingseffekt, der Veränderung der Zukunft und der Erschaffung einer Parallelwelt zu ziehen. Der Schmetterlingseffekt bedeutet nur so viel, dass eine winzige Veränderung eine unvergleichbar größere mit sich ziehen kann. Insofern ist dieser Effekt die Ursache, die einen der zwei anderen Effekten mit sich ziehen kann.

Jennings sieht im Spiegel seine Zukunft. Zugegebenermaßen ist dies keine so kleine Tatsache, wie der Flügelschlag eines Schmetterlings, aber es ist die Ausgangssituation. Jennings kennt seine Zukunft. Er will diese Zukunft verändern und erfindet eine Methode: er stellt eine Sammlung von Gegenständen zusammen, die ihm helfen, die Zukunft zu verändern. Damit hat Jennings eine Parallelwelt erschaffen: eine Welt, in der er nicht stirbt. Es kann sich hierbei nur um zwei parallel existierende Zeitstränge handeln, denn Jennings muss erfahren, dass er sterben wird, damit er sich die Gegenstände schickt. Schickt er sie nicht, wird er sterben. Die Ereignisse, die zu seinem Tod führen könnten, treten in jedem Zeitstrang auf, aber es gibt zwei unterschiedliche Endungen in dieser Situation. Den Zeitstrang, in dem Jennings stirbt, gibt es wirklich, sonst hätte er ihn nicht im Spiegel gesehen. Den Zeitstrang, in dem er nicht stirbt, gibt es dank Schmetterlingseffekt auch wirklich.

Wie sieht es mit dem Beobachter-Effekt aus? Genau genommen ist dieser Effekt mit der Erschaffung einer Parallelwelt gleichzusetzen. Durch eine Veränderung in der Vergangenheit wird ein neuer Zeitstrang erschaffen. Nur diesmal geht der Zeitreisende zurück in die Zukunft, aber nicht in seine eigene, sondern in diese neu erschaffene Parallelwelt, in der es von ihm keine Aufzeichnungen gibt. Nur er allein weiß, dass es eine Parallelwelt ist zu einer alternativen Zukunft.

Dasselbe passiert auch mit Jennings. Er kann sich zwar nicht erinnern, was er im Spiegel gesehen hat. Für ihn in seiner aktuellsten Form gibt es nur diesen einen Zeitstrang, in dem er mithilfe der Gegenstände überlebt. Allerdings weiß Jennings, dass es einen anderen Zeitstrang gegeben hat. Er weiß von dem Spiegel und er kommt von alleine darauf, auch ohne seine Erinnerungen. Jennings weiß also, dass er jetzt in einer Parallelwelt lebt, die unweigerlich neben der ursprünglichen Welt existieren muss, sonst hätte er sich die Gegenstände ja nicht geschickt. Er ist von den Veränderungen direkt betroffen und lebt ganz offensichtlich das neue Leben in dieser neuen Welt, aber er ist auch gleichzeitig der Beobachter, der von den Veränderungen und von der Existenz einer Parallelwelt weiß.

 Quellen:
http://en.wikipedia.org/wiki/Time_travel
Philip K. Dick: Paycheck

Die Paradoxen

Juni 25, 2009

Das no-choice-Paradox haben wir bereits ausführlich behandelt. Es ist aber nicht das einzige Phänomen der Zeitreise. Da es in unserer Welt allerdings keine Zeitreise gibt, handelt es sich bei jedem einzelnen dieser Paradoxen um ein Gedankengebilde, mit dem die Wissenschaftler und die Autoren versuchen, die mit der Zeitreise verbundenen Probleme zu lösen und die Unmöglichkeiten zu erklären. Jeder, der sich über die Zeitreise Gedanken macht, findet seinen persönlichen Favoriten: ein Phänomen, das ihm/r plausibel erscheint, oder besser gesagt, ein Phänomen, dass er/sie sich am besten vorstellen kann. Denn eins ist klar: die meisten dieser Paradoxen schließen sich gegenseitig aus.

Was sind also die anderen Paradoxen und in welcher Verbindung stehen sie zu den Geschichten von Philip K. Dick?

 

Das ontologische Paradox

Ein Mann bekommt einen Besuch von einer Zukunftsversion von sich selbst. Dieser sagt ihm, er würde bald eine Zeitmaschine bauen und gibt ihm die Pläne für diese Maschine. Der Mann baut die Maschine nach den Plänen, reist in die Vergangenheit und gibt seinem vergangenen Ich die Pläne. Der Kreis ist somit geschlossen. Bei diesem Paradox bleibt unerklärt, woher die Gegenstände oder die Information ursprünglich herkommen, denn weder die erste noch die zweite Version des Mannes hat sie erschaffen.

Dieses Paradox ist in der Geschichte „Stability“ vertreten. Robert Benton bekommt die Pläne und ein funktionierendes Modell einer Zeitmaschine, reist in die Vergangenheit und legt diese Gegenstände für sich selbst bereit. Er baut die Maschine nicht einmal selbst zusammen: das Modell findet er zusammen mit den Plänen. Woher kommen diese Pläne? Man kann zwar davon ausgehen, dass die Macht, die in die Glaskugel eingeschlossen ist, in der Lage sein konnte, eine Zeitmaschine zu erschaffen, aber rein physisch: woher kommen die gezeichneten Pläne? Und wer hat das Modell gebaut? Es gibt zwei Momente in Zeit, in denen die Zeitmaschine auf bedeutende Weise in Erscheinung tritt: als Benton sie von dem Beamten bekommt, hält er sie zum ersten Mal in den Händen. Als Benton sie dem Beamten abgibt, hält er sie zum letzten Mal. Damit ist eine gewisse Schleife zwischen dem Ereignis A und dem Ereignis B entstanden. Man findet keinen Anfang in dieser Schleife und man kann unmöglich sagen, woher die Maschine ursprünglich kam. So wie es keinen Anfang für diese Schleife gibt, gibt es auch keinen Ausgang aus ihr. Die Kugel sagt dazu auch sehr wenig:

„I have made no mis­takes so far, and the difficult part is past. The hardest was having you come through time. It took me years — the Watcher was clever. You almost didn’t answer, and it was not until I thought of the method of putting the machine in your hands that success was certain. Soon you shall release us from this globe. After such an eternity –„ (Philip K. Dick: Stability)

Aus diesen Worten folgt aber, dass es offensichtlich doch einen Anfang der Schleife gab, denn zuerst hat Benton der Kugel nicht geantwortet, bis sie eine Methode gefunden hat, ihm die Zeitmaschine zu geben. Was diese Methode allerdings war, erfahren wir nicht.

Wie steht es mit dem ontologischen Paradox in „Paycheck“? Es gibt kein Ereignis A und kein Ereignis B als solche. Da es keine physische Zeitreise gibt, entsteht auch kein Paradox. Es gibt zwar die Gegenstände, aber wir wissen genau, dass Jennings sie selbst gefunden und sich selbst geschickt hat. In der ganzen Geschichte gibt es einen einzigen Gegenstand, der eine tatsächliche Zeitreise unternimmt: der Beleg aus der Bank, in der Kelly die Dokumente hinterlegt. Allerdings hat der Beleg einen klaren Ursprung: Kelly bekommt ihn in der Bank. Dann wird er ihr weggenommen, reist in die Vergangenheit und landet bei Jennings. Von einem ontologischen Paradox kann man hier also nicht sprechen.

 

Der Großvater-Effekt

Man reist in die Vergangenheit und tötet den eigenen Großvater. Unweigerlich ist man dann gar nicht geboren und kann nicht in die Vergangenheit reisen, um den Großvater zu töten. Deshalb lebt der Großvater, weswegen man selbst doch zur Welt kommt, um in die Vergangenheit zu reisen.

Man erschafft also eine unendliche Schleife: A erschafft Nicht A. Daraus folgt: Nicht A erschafft A. Es entstehen also zwei verschiedene Varianten: Der Großvater ist tot oder der Großvater lebt. In der Schleife passieren sie nacheinander ohne einen sichtlichen Ausgang.

Dieses Paradox ist schwer in einer fiktionalen Geschichte umzusetzen. Meistens ist es nur eine Vorstellung, ein Gedankenkonstrukt, den wir auf verschiedene existierende Geschichten anwenden, um die Theorie zu testen. In „Terminator: The Sarah Connor Chronicles“ kommen immer wieder Soldaten aus der Zukunft, um Skynet zu vernichten. Sollten sie es schaffen, wird es kein Skynet geben, der Abrechnungstag kommt nicht, es wird keine Soldaten geben, die in die Vergangenheit reisen, um Skynet zu vernichten, also wird es Skynet doch geben und der Abrechnungstag kommt. Es wird hier kein Ausgang aus dieser Situation vorgeschlagen, denn die Soldaten schaffen es nicht, Skynet zu vernichten. Der Großvater-Effekt wird gar nicht aufgegriffen, es ist nur eine möglichst logische Entwicklung, die die Zuschauer sich vorstellen, wenn sie darüber nachdenken.

Auf „Paycheck“ sehe ich keine Anwendung dieses Paradox.

 

 Quellen:
http://en.wikipedia.org/wiki/Time_travel
Philip K. Dick: Stability
Philip K. Dick: Paycheck

Zukunftsmusik

Juni 24, 2009

In diesem Eintrag soll es vorwiegend um eine Zeitreise in die Zukunft gehen. Natürlich stellt auch eine solche Reise eine Reihe von Problemen dar, auch wenn diese nicht annähernd so groß sind, wie sie es bei einer Reise in die Vergangenheit wären.
Eine Zeitreise in die Zukunft ist eigentlich von jedem zu Hause durchzuführen. Allein das Atmen und Existieren reicht schon dafür, denn
wenn wir ehrlich sind, begeben wir uns mit jeder Sekunde eine Sekunde in die Zukunft. Somit bedeutet das Leben selber schon eine Zeitreise.
Dies scheint etwas abgedroschen zu klingen, aber man muss sich bei  Reisen durch die Zeit von einem Vergleich trennen: Eine Reise durch die Zeit hat nichts mit einer Reise durch den Raum zu tun. Gerne stellen sich Filme und Bücher die Reise in die Zukunft oder die Vergangenheit das Vorhaben so vor, dass man sich entlang eines Zeitstrahls „bewegt“.
Das Bewegen innerhalb der Zeit ist aber keine Bewegung, sondern vielmehr eine Überbrückung. Wenn ich nun die Zukunft erreichen will, muss ich lediglich die Zeit bis zu diesem Zeitpunkt überbrücken, indem ich abwarte. Dafür ist es nicht nötig sich in irgendeiner Art körperlich oder geistig zu bewegen.

Hier will ich ein kleines Beispiel anbringen:
Ein Mensch, den man künstlich oder durch andere Umstände in ein Koma versetzt, wacht nach einem Jahr aus diesem wieder auf. Subjektiv verging diese Zeit wahrscheinlich mit einem Wimpernschlag. Er befindet sich nun ein Jahr in der Zukunft. Die Welt hat sich in diesem Jahr unabhängig von seiner Existenz weiterentwickelt. Er selbst findet sich dort wieder und stellt fest, dass es vielleicht zu technischen Entwicklungen gekommen ist, die er sich vor seiner „Reise“ nicht oder nur schwer vorstellen konnte.
Das Problem hierbei ist, dass er ebenfalls in diesem Jahr gealtert ist und er diesen Prozess dann wohl nicht als eine klassische Reise durch
die Zeit empfinden wird. Ebenso könnte man das Löschen des Gedächtnisses Jennings in der Kurzgeschichte „Paycheck“ schon als eine subjektive Reise in die Zukunft ansehen, da er ebenfalls einen Zeitraum zwischen Vergangenheit und
Zukunft überbrückt hat. Die Frage ist nun, ob es zu einer klassischen Zeitreise gehört, dass der Körper des Reisenden sich nicht verändert.

Ein solches Problem ließe sich natürlich ebenfalls beheben. Nehmen wir hier als Beispiel die Serie „Futurama“. Der Protagonist „Fry“ fällt zum Jahreswechsel in eine Maschine, die ihn durch Kühlung konserviert. Er altert nicht, überbrückt die Zeit in die Zukunft (immerhin tausend Jahre) genauso wie ein Komapatient und erwacht in der Zukunft. Der technische Fortschritt ist hierbei natürlich expliziter und spürbarer. Andere Lebensformen befinden sich auf der Erde und die Raumfahrt ist einen sehr großen Schritt weiter als zu seiner Zeit. Hier würden schon mehr Menschen sagen, dass es sich durchaus um eine Zeitreise handelt.

Das dritte Beispiel was ich an dieser Stelle anbringen möchte stammt aus dem Roman „Rückkehr von den Sternen“ von Stanislaw Lem. Dieser beschreibt in seinem Roman die Situation von einem Raumfahrer, der zusammen mit seiner Mannschaft eine Erkundungsreise durch das All macht. Die Mannschaft ist insgesamt zehn Jahre auf eben dieser Erforschung des Weltalls. Die Körper altern normal um diese zehn Jahre. Sie begeben sich dann auf den Planeten Erde zurück und stellen fest, dass sich in diesen zehn Jahren Absenz auf der Erde doch so einiges getan hat. Ebenfalls ist wie in Futurama die Technik weit fortgeschritten (zum Beispiel hat man die Trägheit der Masse bei
Fahrzeugen abgeschafft, sodass bei Unfällen keine Menschen mehr zu Schaden kommen). Gespräche offenbaren dann, dass in den zehn Jahren, in denen die Raumfahrer abwesend waren auf der Erde 123 Jahre vergangen sind. Stanislaw Lem, ein polnischer Mathematiker, bezieht sich hierbei auf die beiden Relativitätstheorien von Albert Einstein. Sehr stark vereinfacht bedeutet das, dass die Zeit, umso näher man sich an ein starkes Gravitationsfeld nähert, schneller vergeht. Ebenfalls bedeutet das, umso schneller man sich bewegt, umso langsamer vergeht die Zeit. Die Protagonisten des Buches haben also eine physikalische Gegebenheit unbewusst genutzt, die es ihnen ermöglichte eine Zeitreise zu vollziehen.

Wenn man diesen Gedanken konsequent weiter verfolgt, bedeutet das, dass jeder Hüpfer ein Sprung in die Zukunft ist.

Wir stellen also fest, dass die Reise in eine „ferne“ Zukunft gar nicht so unmöglich ist, müssen uns derzeit aber damit zufrieden geben, dass Reisen in die Zukunft eine Menge Energie, sehr viel Glück oder eine große Geduld erfordern. Vergleicht man diesen Aufwand allerdings mit dem, den es benötigt, wenn man in die Vergangenheit reisen möchte, erscheint das Problem doch verschwindend gering.

Psychische Zeitreisen

Juni 24, 2009

Ich werde nun versuchen, auf die „gedankliche“ Zeitreise einzugehen. Nicht mehr Paycheck (wo eine Mischform stattfindet)  oder die klassischen Zeitmaschinen stehen in meinem Fokus, sondern solche, die bloß in den Gedanken stattfinden. Die Grundvoraussetzung für einen solchen Gedanken ist:  wenn ich die Zukunft kenne, inwiefern beeinflusst dies mein Handeln? Ich möchte mich hierbei konkret an den beiden Geschichten „Minority Report“ und „We can remember it for your wholesale“  orientieren. Vergessen will ich aber auch nicht den durchaus bekannten Film „ 12 Monkeys“ von Terry Gilliam. Hier kann man meiner Meinung nach sogar behaupten, dass Anleihen bei PKD Geschichten genommen wurden. Doch dazu später.

Der historische Bezug von Minority Report ist leicht zu erahnen: es handelt sich hier um eine moderne Version eines Orakels. Obwohl im modernen Orakel der religiöse Aspekt vollkommen wegfällt, ist die Definition des klassischen (besser gesagt des „alten“) den sogenannten Precogs in Minority Report sehr ähnlich .  Es geht um die Beantwortung von Entscheidungs- bzw. Zukunftsfragen. Ganz logisch, doch der interessante Aspekt ist, dass die Entscheidung aufgrund des Orakels auch als Rechtfertigung dient. Man kann sich also auf die vorhergesagte Entwicklung so verlassen bzw. der Entscheidung dieser Person vertrauen, dass man danach für sein Handeln eine Rechtfertigung hat. John Anderton vertraut auch auf die Entscheidungen der Precogs. Es wird also gar nicht in Frag gestellt, ob sich das Orakel irrt oder nicht. Es wird als Faktum angenommen, dass diese und nur diese Zukunft eintritt.

Bei „We can remember ist for your wholesale“ möchte ich versuchen, gewisse Parallelen zu H.P. Lovecrafts Werken (z.B.“Der leuchtende Trapezoeder“) zu ziehen. H.P. Lovecrafts Werke umfassen eine ganze Reihe von Kurzgeschichten, welche sich hauptsächlich mit diversen Visionen bzw. Zeichen auseinandersetzen, die die Zukunft der Figur beeinflussen. Meist jedoch im negativen Sinn. Der Gedanke, hier von einer Zeitreise zu sprechen mag zwar am Anfang absurd erscheinen, doch wenn man die Handlung etwas zerlegt, wird es schon klarer. Menschen werden (ähnlich wie in „We can remember ist for your wholesale“) Gedankenchips im Kopf implantiert, um ihnen eine Erinnerung bzw. ein Erlebnis  vorzugaukeln. Wenn sich das ganze aber mit tatsächlichen, also mit den „wahren“ Gedanken vermischt, was ist dann Realität bzw. was weiß man wirklich? Handelt man deswegen so, weil sich die vergessenen Erinnerungen mit den implantierten Gedanken überschneiden?

Bei H.P. Lovecrafts Kurzgeschichten, die von Visionen und Träumen handeln, ist das Ganze in einem nicht so modernen Kontext wie implantierte Gedanken zu sehen. Hier geht es eher um das Gehirn in seiner physischen Form bzw. dessen Wahrnehmung.  Meist werden hier Zukunftsvisionen erlebt, die  „normale“ Menschen als Geisteskrankheiten abtun würden.  Doch auch in diesen Geschichten verschmilzt die Realität zwischen erlebtem und geträumten bzw. zukünftigem.  In einer Tabelle entgegengestellt zu PKDs Kurzgeschichte würde das dann folgendermaßen aussehen:

H.P. Lovecraft PKD
Vergangenheit, Erlebtes Erlebtes (gelöscht)
Gegenwart bzw. Vision Implantierte „Vision“
Erlebtes  + Vision = Zukunft Erlebtes+ Implantat = Zukunft

Wir sehen hier: Die  Art der Vision macht den Unterschied. Während sie einmal eingepflanzt wurde, hat beim anderen Mal nur das Gedächtnis verrückt gespielt. In beiden Fällen aber macht das, was man erlebt hat und was man vorahnt bzw. über die Zukunft weiß, die zukünftigen Handlungen aus. Eine zusätzliche Verwirrung findet natürlich mit der gelöschten Version der Vergangenheit in PKDs Kurzgeschichte statt. Die Zeitreise selbst findet also nicht im physischen Zustand statt . Es handelt sich eher um das Verschmelzen verschiedener Zeitebenen die dann zu einer anderen bzw. erkennbaren Zukunft führen.

Wenn wir nun die zwei Filmbeispiele wie oben erwähnt etwas näher betrachten, so sind die Parallelen zu PKDs Werken naheliegend.  In „12 Monkeys“ wird Bruce Willis durch die Zeit geschickt, um die Ursache eines tödlichen Virus  zu finden. Er wird in die Vergangenheit geschickt und leidet unter einem Albtraum wo er sich selbst sterben sieht. Er weiß also offensichtlich etwas über seine eigene Zukunft, obwohl er noch nicht einmal in die Zeit gereist ist, um seinen Auftrag zu beginnen. Viellecht ist diese Geschichte ein ganz guter Hinweis auf eine Vermischung der verschiedenen Formen einer Zeitreise. Es gibt sowohl eine Maschine als auch seine Gedanken, die sein Handeln allerdings aufgrund seiner eigenen Unfähigkeit sie zu deuten, nicht ändern. Vielleicht ist die Aussage hierzu: Geschichte passiert, egal was man tut. Interessant ist allerdings der klassische Aspekt, dass immer wieder wie in Simulacra versucht wird, die Vergangenheit zu ändern um ein besseres Jetzt zu haben. PKDs wirre Zeitreisegeschichten sind hier meiner Meinung nach ganz gut enthalten. Eben die Gründe einer solchen Zeitreise und auch die Umstände sind PKDs Universum teilweise ähnlich: Ein Zweiklassensystem in der Gesellschaft sowie ein vorgefertigtes Schicksal, aus dem es kein Entrinnen gibt.

Ein historisches Resumeè zu erstellen und dabei bei PKDs Zeitreisegeschichten zu bleiben ist schwer. Ich habe versucht gewisse klassische Geschichten aufzuzeigen, von denen PKD vielleicht ein paar Anleihen gemacht hat. „The Time Machine“ liegt hier auf der Hand und es lassen sich immer wieder leichte Ähnlichkeiten mit dieser Geschichte aufweisen, bei anderen bekannten Werken ist das schon etwas komplizierter. Es ist schwer nachzuvollziehen, welche Art von Literatur gerade in diesem Bereich für PKD ausschlaggebend war. Wichtig war mir verschiedene Thesen aufzustellen, um die Vielschichtigkeit des Themas Zeitgeschichte aufzuzeigen. Gerade diese Form der mentalen Zeitreise wollte ich etwas näher beleuchten. Deswegen halte ich „Paycheck“ für ein ausgezeichnetes Beispiel: es bietet irgendwie beiden Seiten etwas: Den Fans der klassischen Zeitreise sowie denen, die sich auch für die mentale Zeitreise interessieren.

Vielleicht ist es deswegen so schwer, PKD in dieser Beziehung einzuschätzen, weil er selbst Geschichte mit seinen Zeitreisegeschichten geschrieben hat, und ER ist die historische Vorlage für Filme wie „12 Monkeys“ bzw. kommende Zeitreisefantasien.

Quellen:
http://www.hp-gramatke.de/time/german/page0300.htm
http://de.wikipedia.org/wiki/Stanis%C5%82aw_Lem
http://de.wikipedia.org/wiki/Die_Zeitmaschine
„The Time MAchine“, H.G. Wells, 1895
The Best of H.P. Lovecraft, Suhrkamp,2009
Timeline (DVD), Concorde Video, 2003
12 Monkeys (DVD) Concorde Video, 1997

PKD / Zurück in die Zukunft

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Während in Philip K. Dicks Werken hauptsächlich das „no choice“ Paradox in Erscheinung tritt möchte ich mich mit einer Trilogie auseinandersetzen in der so gut wie alles möglich ist. In „Zurück in die Zukunft“ kam man die eigenen Eltern als Teenager treffen, die zukünftigen Kinder vor Gefahren retten und sogar das eigene zeitreisende Ich bei der Arbeit beobachten.

Doch so einfach wie es klingt ist die Zeitreise auch hier nicht. Die Apparatur welche die Zeitreise möglich macht ist der Flux Kompensator der in einen DeLorean, also ein Auto, eingebaut wurde.

Moment mal Doc, wollen sie mir weiß machen sie bauten eine Zeitmaschine, aus einem DeLorean?“ Marty McFly.

Tja ich sehe das so: wenn man schon eine Zeitmaschine in einen Wagen einbaut, dann bitteschön mit Stil.“ Dr. Emmett Brown.

Der Erfinder der Zeitmaschine ist Dr. Brown, ist sich auch der Konsequenzen die Zeitreisen mit sich bringen völlig bewusst:

Denk mal, du bist dazwischen gekommen als deine Eltern sich zum ersten Mal trafen, wenn sie sich nicht treffen können sie sich nicht verlieben und nicht heiraten und keine Kinder kriegen. Deshalb verschwindet auch dein Bruder auf dem Foto, deine Schwester wird die Nächste sein und wenn wir nichts dagegen unternehmen dann trifft es auch dich.“Dr. Brown

Mit diesem Zitat wird beschrieben welche Konsequenzen es haben kann wenn man in eine Beziehung eingreift. Fatal wird es natürlich wenn man die Beziehung der eigenen Eltern verhindert. Die Geschichte zeigt jedoch dass es immer noch möglich ist die Geschichte aufrechtzuerhalten wenn man die Personen doch noch miteinander verkuppelt. Was im Film relativ leicht erscheint wirft trotzdem eine Frage auf. Was passiert wenn sich meine Eltern zwar doch noch ineinander verlieben? Bleibt der Rest gleich oder werden sie zu anderen Menschen, die vielleicht nie Kinder bekommen werden. Wie im nächsten Absatz beschrieben wird, ist die Zukunft noch nicht geschrieben und kann sich deshalb auch noch Grundlegend verändern.

Eine Grundaussage des Films ist dass sich die Zukunft verändern lässt und jede noch so kleine Handlung und Entscheidung eine Veränderung bewirken kann. Der Nachteil daran ist dass man bei einer Reise in die Vergangenheit die eigene Gegenwart erheblich beeinflussen kann und somit in eine veränderte „Wirklichkeit“ zurückkehrt. Dieses Phänomen wird auch als Schmetterlingseffekt bezeichnet. In diesem Fall hat der Protagonist Marty das Problem dass er immer wieder in seine Gegenwart 1985 zurückkehrt und sich dort mit den neuen Gegebenheiten auseinandersetzen muss da er als einziger von den Veränderungen unberührt blieb. Etwas bleibt hier allerdings unschlüssig, in Teil 2 der Trilogie wird Marty in die Zukunft geholt um seinen zukünftigen Sohn vor einer Dummheit zu bewahren. Hier scheint es in Ordnung zu sein in die Geschehen einzugreifen, was die Frage aufwirft ab wann es erlaubt ist einzugreifen, denn Marty soll zwar seinem Sohn helfen, darf seine eigene Zukunft aber nicht sehen da er sie ja, wenn er in seine Zeit zurückkehrt, verändern könnte. Die Filme geben hier Fragen auf die Philip K. Dick in seinen Zeitreisegeschichten stets unangetastet lies. Durch die Verwendung des „no choice“ Paradoxes bei dem quasi eine Zeitschleife entsteht, „Man reist in die Vergangenheit weil etwas geschehen ist das nur deshalb passiert weil man in die Vergangenheit gereist ist.“ Lässt er diese Fragen aus und zeigt dass alles das bereits passiert ist auch genauso geschehen sollte. Bei „Paycheck“ wird dasselbe Paradoxon angewendet, hinzu kommt noch das Jennings nur in die Zukunft sehen kann und diese nicht selbst bereist, also kann er auch nichts aktiv verändern.

Das kann nur bedeuten dass diese Zeit von Natur aus eine kosmische Signifikanz in sich birgt, und beinahe so als wäre sie der temporale Knotenpunkt für das gesamte Raum – Zeitkontinuum. Doch andererseits kann das alles nur ein dummer Zufall sein.“ Dr. Brown

Im dritten Teil der Trilogie reisen Marty und Dr. Brown zurück in das Jahr 1955, und zwar an denselben Tag an dem Marty im ersten Teil zurück in die Zukunft reist. In diesem Fall reisen jedoch zurück um ihre Gegenwart wieder ins Lot zu bringen. Dr. Brown stellt, wie im Zitat oben genannt die Vermutung an das es innerhalb des Raum – Zeitkontinuums mindestens einen Punkt gibt von dem aus eventuelle Parallelwelten ausgehen. Die Zeitstränge scheinen sich an diesem Punkt zu treffen. Genauer wird diese These allerdings nicht ausgeführt und auch ich werde nicht genauer darauf eingehen, da nicht klar hervorgeht was so ein Knotenpunkt überhaupt bedeutet, bzw. ob er überhaupt existiert.

Mir kommt es vor als wäre ich gestern erst hier gewesen.“ Marty

Du warst gestern hier, du warst es, verblüffend nicht wahr?“ Dr. Brown

In diesem Fall ist es so das Marty, immer wieder an den Tag zurückkehrt an dem er in eine andere Zeit gereist ist. Obwohl er länger weg war erscheint es so als ob dazwischen keine Zeit vergangen wäre. Heißt das solange er auf einer Reise ist steht seine Gegenwart still oder wird die Zeit sobald er zurückkommt wieder auf null gesetzt? Dies ist jedoch nur eine von vielen Fragen die im Film nicht genau beantwortet werden.

Ein weiteres Paradoxon ist dass der Fall eintritt das Marty nicht nur seine Eltern als Teenager erlebt sondern auch noch auf sein Zeitreisendes Ich trifft. „Du musst extrem vorsichtig sein damit du nicht deinem anderen Ich begegnest […] was auch immer passiert dein anderes Ich darf dich nicht sehen, das kann zu Katastrophalen Konsequenzen führen.“ So muss Marty aufpassen damit er sich nicht selbst begegnet. Welche Konsequenzen ein Treffen nun haben würde bleibt unerklärt. Ein Aspekt fällt hierbei noch auf, der „aktuelle“ Marty klemmt sich die Hand ein, zum selben Zeitpunkt hat der „andere“ Marty ebenfalls Schmerzen in der Hand.

In „Zurück in die Zukunft“ wird die Apparatur mit der die Zeitreise ermöglicht wird, näher beschrieben, im Gegensatz dazu werden die Apparaturen bei PKD nur selten genauer beschrieben, der Mechanismus mit dem die eigentliche Reise geschieht wird nicht beschrieben. Während der DeLoeran mit dem Fluxkompensator und einer Zeitleitung ausgerüstet ist die bei einer Geschwindigkeit von 88 Meilen pro Stunde (140 km/h) einen Zeitsprung auslöst. Eine weitere Notwendigkeit ist eine Stromleistung von 1.21 Gigawatt nötig um den Fluxkompensator (engl. flux capacitor = Flusskondensator) mit genügend Energie zu versorgen. Im ersten Teil wird diese Leistung mit Plutonium bzw. einem Blitz erreicht. Im Laufe der Trilogie wird der DeLorean jedoch immer wieder umgebaut, aufgerüstet bzw. mit alten Ersatzteilen bestückt, ein ständiges Problem des Wagens blieb die Zündung. Ob diese technischen Probleme durch die Zeitreisen oder Mängel am Wagen hervorgerufen werden bleibt jedoch unklar.

 

Quellen:
Zemeckis, Robert, Zurück in die Zukunft 1 – 3, USA 1985, 1989, 1990
http://de.wikipedia.org/wiki/Zur%C3%BCck_in_die_Zukunft#Der_Fluxkompensator
Philip K. Dick: The Skull
Philip K. Dick: Paycheck

Star Trek / PKD

Mai 27, 2009

Star Trek / PKD

Aus aktuellem Anlass möchte ich mich dem Film „Star Trek 11“ widmen. Hier wird eine weitere Möglichkeit der Zeitreise beschrieben: Das Reisen durch schwarze Löcher. In diesem Fall wurde durch eine Super Nova ein schwarzes Loch erzeugt in das ein Raumschiff hineingerät. Dasselbe Raumschiff tritt später besser gesagt früher wieder in Erscheinung. Es reist in die Vergangenheit und erschafft so einen völlig neuen Zeitstrang der vorher so nicht existiert hat. Aufgrund dessen kann das Raumschiff auch nicht mehr in seine eigene Zukunft zurück da diese gar nicht mehr existiert.

Die Crew der Enterprise, wie sie hier in Erscheinung tritt ist bereits ein Produkt des neuen Zeitstrangs, obwohl es für sie ihre normale Gegenwart ist. Nur für den „alten Spok“ sind die Unterschiede zu erkennen, er wurde ebenfalls in das schwarze Loch gezogen und kennt dadurch beide Zeitstränge.

Hierbei handelt es sich um die Variante der Parallelwelt, wobei man hier nicht genau definieren kann ob die Zeitstränge nebeneinander existieren oder ob der „Neue“ Zeitstrang den „Alten“ ersetzt hat? Dadurch dass die Zeitreise durch ein physikalisches Phänomen hervorgerufen wurden und man sich nicht bewusst mit einer Maschine durch die Zeit bewegen kann bleibt die Antwort auf diese Frage ungeklärt. Fakt ist das hier nur eine Person den originalen Zeitstrang kennt, da sich Spock jedoch sowieso in der Vergangenheit befindet kann auch nicht beantwortet werden inwieweit diese Parallelwelt seine Gegenwart beeinflussen würde.

Im Gegensatz zu dem stehen die Werke von Philip K. Dick. In seinen Arbeiten ist meist eine Zeitmaschine vorhanden mit der man bewusst in eine bestimmte Zeit reist. Zudem wird in den meisten Fällen nichts verändert, die Dinge die verändert werden sollten geschehen doch da sie erst aufgrund der vorausgegangenen Zeitreise möglich waren. (vgl. The Skull) Auch in „The Simulacra“ in dem die Zukunft als variabel dargestellt ist scheint die Vergangenheit festgelegt zu sein. Obwohl Goltz sich selbst in der Vergangenheit beschützt und unterrichtet scheint dies keine Auswirkung auf seine Gegenwart zu haben, was wiederum auf das „no choice“ Paradox schließen lässt. Allerdings kann man dies nur vermuten da die Protagonisten vermutlich nicht bemerken würden dass sich ihre Gegenwart ändert, da eine Änderung nur in der Vergangenheit stattfinden könnte und diese somit wieder als „Normal“ angesehen werden würde.

Trotzdem scheinen gewisse Grundregeln zu gelten, egal ob es sich um ein „no choice“ Paradox oder um eine Parallelwelt handelt die Personen die darin verstrickt sind behalten immer ihre Interessen oder Berufe die sie vor der Zeitreise hatten bzw. auch wenn eine Parallelwelt erschaffen wird bleiben gewisse Charaktereigenschaften und äußere Einflüsse immer bestehen.

Bezogen auf den Film „Star Trek 11“ ist Kirk in beiden Zeitsträngen ein Draufgänger, der sich nicht um Regeln kümmert, hierbei scheint es sich um Grundeigenschaften des Menschen zu handeln die auch von außen nicht verändert werden können oder es handelt sich um einen dramaturgischen Trick damit sich Zuseher oder Leser mit der Figur identifizieren können.

 

Quellen:
Philip K. Dick: The Skull
Philip K. Dick: The Simulacra
J.J. Abrams: Star Trek 11, USA 2008

The Skull ist eine weitere Kurzgeschichte von Philip K. Dick, die von der Zeitreise handelt. Anders, als Paycheck, gibt es hier eine tatsächliche Reise in die Vergangenheit, mit dem Ziel, diese zu verändern.

Technische Aspekte

Die technische Seite der Apparatur in Paycheck und deren Funktionsweise wurde im letzten Beitrag bereits diskutiert. Wie sieht es damit in The Skull aus?

Conger saw machinery, whirring and turning; benches and retorts. In the center of the room was a gleaming crystal cage.
Philip K. Dick: The Skull

Es handelt sich anscheinend um eine komplexe Maschine, die sich stationär in einem Raum befindet. Das Herz dieser Maschine ist der Kristallkäfig. Dieser Käfig ist der einzige Teil der Zeitmaschine, der sich in der Zeit und im Raum bewegt. Er transportiert alles, was sich in ihm befindet.

He raised his finger and touched the wheel control. He turned the wheel carefully.
He was still staring at the plastic bag when the room outside vanished.
For a long time there was nothing at all. Nothing beyond the crystal mesh of the cage.
Philip K. Dick: The Skull

Innerhalb des Käfigs befindet sich der Kontrollmechanismus, der eine Art Rad oder Lenkrad zu sein scheint. Die Bedienung des Käfigs ist nicht schwer. Conger kommt damit ohne Erklärung zurecht und muss sich nicht besonders konzentrieren. Obwohl der Käfig von innen in die gewünschte Zeit und auf die gewünschte Stelle gesteuert wird, ist es doch möglich, ihn auch mithilfe der stationären Maschinerie zu kontrollieren:

„Don’t try to use this cage for purposes not anticipated in your job. We have a constant trace on it. If we want it back, we can get it back.
Philip K. Dick: The Skull

Im Käfig befindet sich außer dem Lenkrad auch ein Spiegel. Diesmal handelt es sich um einen ganz normalen Spiegel, in dem Conger sich sehr oft im Laufe der Geschichte betrachtet. Es ist unklar, wie groß der Käfig ist, aber er hat eine Tür, einen Spiegel und ein Lenkrad mit einer Sitzgelegenheit davor. All dies zusammen erinnert ein wenig an ein Auto, zudem Conger ohne Erklärung wusste, wie man ihn bedient, als würde er sich einfach in ein neues Auto setzen. Dennoch ist der Käfig groß genug, um darin laufen zu können.

He stood before the mirror over the shelf, examining his features.
[…]
Conger sat before the wheel. For a moment he waited, his hands resting lightly on the control. Then he turned the wheel, just a little, following the control readings carefully.
The grayness settled down around him.
Philip K. Dick: The Skull

Die Zeitreise beansprucht Conger physisch überhaupt nicht. Jegliche Veränderung spielt sich außerhalb des Käfigs ab: die Farben verändern sich, die Formen verschwinden, bis der Käfig in der vorgegebenen Zeit ankommt:

He put the gun down and adjusted the meter readings of the cage. The spiraling mist was beginning to condense and settle. All at once forms wavered and fluttered around him.
Colors, sounds, movements filtered through the crystal wire. He clamped the controls off and stood up.
Philip K. Dick: The Skull

Nachdem Conger den Käfig ein wenig außerhalb der kleinen Stadt „geparkt“ hat, bringt er ihn wieder auf eine Weise hervor, die wieder an ein Auto erinnert:

He brought out a thin rod from his waist and turned the handle of it. For a moment nothing happened. Then there was a shimmering in the air.
The crystal cage appeared and settled slowly down.
Philip K. Dick: The Skull

Veränderung der Geschichte

„We’ll be awaiting the outcome. There‘s some philosophical doubt as to whether one can alter the past. This should answer the question once and for all.“
Philip K. Dick: The Skull

The Skull ist ein noch besseres Beispiel für den “no choice” Paradox, als The Terminator. In Terminator II wurde der Tag der Abrechnung mindestens hinausgezögert. In The Skull hat Conger keine andere Wahl mehr, als The Founder zu werden, sobald er in die Vergangenheit reist. Eigentlich ist es erstaunlich, wie lange er selbst braucht, um den Schädel als seinen eigenen zu identifizieren. Für einen Moment scheint er noch vor der Wahl zu stehen:

Escape?
He turned toward the skull. There it was, his skull, yellow with age. Escape? Escape, when he had held it in his own hands?
Philip K. Dick: The Skull

Aber eigentlich ist es keine Wahl mehr. Er hält seinen eigenen Schädel in den Händen, also hat er gar keine andere Wahl, als hinauszugehen und vor die Menschenversammlung zu treten. In diesem Moment ist Conger eins mit seiner eigenen Zukunft – dem Schädel. Seine Geschichte wird sich so abspielen, weil sie sich schon so abgespielt hat, und der Schädel ist der Beweis dafür.

In The Skull bleibt keine Frage offen, was die Dynamik der Zeitreise betrifft. Conger stirbt in der Vergangenheit, wobei sein früheres Ich in einer späteren Vergangenheit auftaucht, sodass er nach seinem Tod noch zu leben scheint. Und viele Jahre später wird Conger in seiner eigenen Zeit geboren, um die Zeitreise zu unternehmen.

Dagegen bleiben in Paycheck viele Fragen offen. Weder Jennings noch der Leser erfahren jemals, was Jennings’ vergessenes Ich wirklich im Spiegel gesehen hat. Hat ER die Zukunft so gesehen, wie sie passiert war, sodass ER aus den Spiegel schon wusste, welche Gegenstände ER sich selbst schicken würde, und hat sie dann auch wirklich gesammelt und geschickt? Hat ER seine eigene Zukunft immer wieder stückweise gesehen, jeweils bis zu einem Moment, an dem ein Gegenstand gebraucht worden wäre, besorgte dann diesen Gegenstand, legte ihn in den Umschlag, den ER sich selbst zuschicken wollte, und sah sich die Zukunft wieder an, um sicherzustellen, dass der Gegenstand das Gewollte auch bewirken würde? Man weiß es einfach nicht. Diese Varianten sind nur private Spekulationen. Klar ist nur, dass das vergessene Ich anscheinend die Zukunft tatsächlich so gesehen hat, wie sie sich abgespielt hat. Wurde die Zukunft hier überhaupt verändert? Von allen Fragen zu Paycheck ist diese wohl die interessanteste. Denn in der Verfilmung wird die Zukunft wirklich verändert, weil wir einen Blick in diese Zukunft bekommen. Aber in der Kurzgeschichte gibt es dafür eigentlich keine Indizien. Aus den Textstellen, die im letzten Beitrag zitiert worden sind, geht hervor, dass weder Jennings noch sein vergessenes Ich die Zukunft verändert haben. Eigentlich hat Jennings keine andere Wahl, als genau diese vorprogrammierte Zukunft zu durchleben, da erstens sein vergessenes Ich sie schon gesehen hat und zweitens weil er fest vorhat, alle Gegenstände zu nutzen und seinen Plan, an die Macht zu kommen, zu durchsetzen. Es scheint ein „no choice“ Paradox zu sein, jedoch in eine andere Richtung gedreht. Conger muss in der Vergangenheit sterben, weil der Schädel beweist, dass es auch wirklich so passiert ist: hier ist also die Vergangenheit aus der Zukunft heraus gesteuert. Die entscheidenden Ereignisse finden in der Vergangenheit statt. Jennings hat aber keine andere Wahl, als genau diese Zukunft zu erleben. Schließlich schnappt die Klaue das Papierstück aus dieser Zukunft heraus und bringt es in die Vergangenheit zu Jennings’ vergessenem Ich. Das Papierstück, genau wie der Schädel, ist der Beweis dafür, dass die Zukunft genauso passieren wird, weil sie schon passiert ist. Für Jennings wird also die Zukunft aus der Vergangenheit von seinem vergessenem Ich gesteuert. Alle entscheidenden Ereignisse finden in der Zukunft (das bedeutet nach dem Eingriff in die Zeit und nicht vor ihm, wie in The Skull) statt.

Allem Anschein nach wird weder in The Skull noch in Paycheck etwas an dem fixen Zeitstrang verändert.

 

 

Quellen:
Philip K. Dick: Paycheck
Philip K. Dick: The Skull

Beginnen wir mit der wohl bekanntesten Geschichte einer Zeitreise in der Literatur: H.G. Wells „The time machine“. Das Buch erschien 1895 und war somit der Beginn einer neuen Ära in der Literatur:der Beschreibung einer Zeitreise und ihrere verbundenen Problematik. In H.G. Wells Roman erfindetAlexander Hardegen eine Maschine, mit der er durch die Zeit reisen kann. Die Frage die man sich hier im Bezug auf P.K.Dick stellt ist, wie hat denn die Maschine ausgesehen? Ähnlich der von Lessing Aparatur in Simulacra?

In H.G. Wells Roman setzt man sich in die Maschine verharrt am gleichen Ort und erreicht irgendwann den Bestimmungsort (besser gesagt die Bestimmungszeit). Die von Lessing Maschine arbeitet, soweit es beschrieben wird auf ähnliche weise. Man könnte fast von einer modernen kompakten Version der Maschine sprechen die schon im 19.Jhd. erfunden wurde. Von der Technikgeschichte würde es ja logisch sein: alles muss immer kleiner, kompakter sein. Wenn man also diese These vertritt, ist es natürlich auch angenehm die Maschine in dieser Form neu zu definieren. Mit einer so großen Apparatur durch ie Zeit zu reisen und Menschen mitzunehmen bzw. zu beeinflussen würde wahrscheinlich einfach zu kompliziert sein.

In Stanislav Lems (1921-2006) Sterntagebücher gibt es Hinweise auf einen ähnliche Maschine. Hier orientiert Lem sich wieder eher an die etwas veraltete Form, man steigt ein und reist ab. Was hier allderings zu tragen kommt ist, dass die Person während dieser Zeitreise altert bzw. sich verjüngert. Diese beiden Faktoren hat P.K. Dick nie berücksichtigt.

Doch mal weg von „Simulacra“. Lassen sich in anderen P.K. Dick Romanen gewisse parallelen mit bereits historisch bekannten Zeitreisetypen erkennen?

The Terminator ist eine der bekanntesten Geschichten, die sich damit auseinandersetzen, ob man durch einen Eingriff in die Gegenwart die Zukunft verändern kann. Auch Philip K. Dick geht in Paycheck auf diese Frage ein. Vergleichen wir zunächst die physikalischen Aspekte der Zeitreise in diesen beiden Geschichten: 

Physikalische Aspekte der Zeitreise

The Terminator

In allen drei bis jetzt erschienenen Terminator Filmen haben wir die Zeitmaschine selbst nie gesehen. Von Kyle Reese erfahren wir einige Details:

– Is that when you captured the lab complex and found… What is it called?  The time displacement equipment?
– That’s right. The Terminator had already gone through.
[…]
– Why didn’t you bring any weapons? Something more advanced. Don’t you have ray guns? Show me a piece of future technology.
-You go naked. Something about the field generated by a living organism.  Nothing dead will go. I didn’t build the fucking thing.
– OK, OK. But this cyborg, if it’s metal… ?
– Surrounded by living tissue.
(The Terminator I)

Weiterhin beschreibt er, wie sich die Zeitreise anfühlt:

-White light. Pain. It’s like being born maybe.
(The Terminator I)

Die physikalische Erscheinung der “Ankunft” in der angestrebten Vergangenheit ist in allen drei Filmen konstant: Zuerst kommen blitzartige Energieentladungen. In ihrer Mitte erscheint eine Kugel, die anscheinend ein sehr starkes Energiefeld ist, um das „Paket“ aus der Zukunft zu schützen. In dieser Kugel befindet sich ein lebender Organismus, so wie Reese es erklärt.

Paycheck

Hier wird schnell klargemacht, dass Personen nicht in der Zeit reisen können. Anscheinend können nur unbelebte Objekte von einem Greifer aus einer Zeit herausgegriffen werden und in eine andere Zeit genommen:

„Time travel.“
„No. Not time travel. Berkowsky demonstrated that time travel is impos­sible. This is a time scoop, a mirror to see and a scoop to pick up things. These trinkets. At least one of them is from the future. Scooped up. Brought back.“
(Philip K. Dick: Paycheck)

Zum Mechanismus erhalten wir sehr knappe Angaben:

There, beyond the steel door, was the time scoop. He recognized it at once. The mirror. The long metal rods, ending in claws. Like Berkowsky’s theoretical model — only this was real.
(Philip K. Dick: Paycheck)
In the air above them something moved. A dark space formed, a circle. The space stirred. Kelly and Rethrick stared up, frozen.
From the dark circle a claw appeared, a metal claw, joined to a shimmering rod. The claw dropped, swinging in a wide arc. The claw swept the paper from Kelly’s fingers. It hesitated for a second. Then it drew itself up again, disappearing with the paper, into the circle of black. Then, silently, the claw and the rod and the circle blinked out. There was nothing. Nothing at all.
(Philip K. Dick: Paycheck)

Jennings nennt den Mechanismus einen Spiegel, durch den man in die Zukunft sehen kann. Etwas unklar bleibt jedoch, auf welche Weise dieser Spiegel ein Loch in der Zeit öffnen kann, um Gegenstände herauszugreifen. Wenn ein solches Loch bereits entstehen kann, warum können dann keine Personen durch die Zeit reisen? Jennings soll ein guter Ingenieur sein. Warum geht er nicht noch einen Schritt weiter und erweitert das schwarze Loch für eine wirkliche Zeitreise? Diese Erscheinung des Greifers ist das einzige Mal, dass wir diese Zeitmaschine in Aktion erleben.

Die physikalischen Voraussetzungen sind also in diesen zwei Geschichten gegensätzlich. Das eine Mal kann nur belebte Materie reisen, das andere Mal nur unbelebte. Der jeweilige Ansatz ist vital für den Fortgang der jeweiligen Geschichte: Reese und die anderen Reisenden in The Terminator können keine Waffen oder sonstige hilfreiche Gegenstände mitnehmen. Jennings kann nicht selbst durch die Zeit reisen und sein anderes Ich warnen.

Ist die Zukunft fix?

The Terminator I ist das klassische Beispiel für das „no choice paradox“. Skynet will versuchen, John Connors Mutter noch vor seiner Geburt zu eliminieren und zwingt ihn somit dazu, Kyle Reese in die Vergangenheit zu schicken, sodass John Connor erst dadurch überhaupt zur Welt kommt. Hätte Skynet dieses Attentat nicht in die Wege geleitet, wäre John Connor nie geboren und Sarah Connor wäre nie die Legende geworden.

The Terminator II scheint von dieser Idee etwas Abstand zu nehmen. Hier versuchen Sarah und John, den Erfinder der Cyborgtechnologie an seiner Arbeit zu hindern. Am Ende des Filmes scheinen sie damit sogar Erfolg zu haben. Allerdings basierte die Arbeit des Wissenschaftlers auf der Analyse der Körperteile des ersten Terminators. Hätte Skynet also nicht versucht, Sarah zu töten, gäbe es keinen Durchbruch in der Wissenschaft und Skynet hätte möglicherweise nie existiert.

The Terminator III kommt zurück zu dem Schicksalgedanken aus dem ersten Teil: Es ist Sarah und John nicht gelungen, den Tag der Abrechnung aufzuhalten. Sie haben ihn nur etwas hinausgezögert. Hier schließt sich der Kreis und alles, was Kyle Reese im ersten Film von der Zukunft erzählt hat, fängt an, Wirklichkeit zu werden. Die eigene Zukunft zu verändern scheint hier also unmöglich. Egal was man tut, führt alles nach dem „no choice“ Prinzip doch zu derselben Zukunft.

Paycheck gibt auf diese Frage keine genaue Antwort. Außerdem unterscheiden sich die Kurzgeschichte und der Film in dieser Beziehung erheblich. Obwohl ich sonst nur auf die Geschichte eingegangen bin, ist es vielleicht sinnvoll, sie mit dem Film zu vergleichen.

In der Geschichte entwickelt Jennings einen Gedanken, wie er an die Macht in der Firma gelangen kann, und während er diesen Gedanken in die Tat umsetzt, stellt er fest, wie ihm die Gegenstände hilfreich sein können. Es sind nicht die Gegenstände selbst, die ihm diesen Gedanken vermitteln. Sie werden nur als hilfreiche Instrumente gebraucht. Sein vergessenes Ich scheint genau diese Zukunft im Spiegel gesehen zu haben und die Gegenstände gesammelt, die sicherstellen werden, dass genau diese Zukunft auch passiert. Es gibt in der Geschichte also keine wirkliche Veränderung der Zukunft, obwohl es unklar bleibt, ob es auch andere Variationen der Zukunft gegeben hat.

Im Film sieht Jennings seinen eigenen Tod im Spiegel und setzt alles daran, diese Zukunft zu verändern. Er schickt sich selbst die Gegenstände, mit deren Hilfe er sein Leben retten, den Spiegel zerstören, Rachel wieder gewinnen und die Welt vor einem Krieg retten kann. Hier gelingt es ihm: die Zukunft ist also veränderbar.

In The Terminator ist die Zukunft also wirklich vorherbestimmt. In der Paycheck-Kurzgeschichte ist die die Zukunft für Jennings’ vergessenes Ich bereits passiert, und er wird nicht müde, es zu wiederholen:

[…]There was no doubt: he had foreseen this, too. […]
[…]But surely he had known what he was doing. He had already seen all this. Like God, it had already happened for him. […]
[…]He had not let him down. The key had worked, all right. […]
[…]It was over. He had seen even this. There was no possibility of failure. […]
(Philip K. Dick: Paycheck)

Es gibt tatsächlich keine Möglichkeit, alles anders geschehen zu lassen, oder eine Möglichkeit, dass Jennings etwas misslingt.

Nur der Paycheck-Film weicht von diesem Konzept ab und baut das Element des freien Willen und der Selbstbestimmung hinein.

 

Quellen:
Philip K. Dick: Paycheck
The Terminator (http://www.imdb.com/title/tt0088247/)
Terminator 2 (http://www.imdb.com/title/tt0103064/)
Terminator 3 (http://www.imdb.com/title/tt0181852/

Zeitreisen sind ein sehr komplexes Thema und vor allem hoch theoretisch, denn, soweit wir es wissen, sind keine Maschinen existent, die es einem Durchschnittsmenschen erlauben, sich frei durch die Zeit zu bewegen. Frei durch die Zeit bewegen heißt in diesem Fall, dass man sich von der Gegenwart in die Zukunft oder die Vergangenheit bewegen kann und wieder zurück. Beim ersten, etwas flachem Nachdenken werden einen viele Möglichkeiten in den Sinn kommen, wie man diese Geräte für seine Zwecke einsetzen könnte. Sei es, um sich selber vor Gefahren zu warnen, die Geschichte zu verändern oder einfach nur, um bei historischen Ereignissen zugegen zu sein (sei es in der Zukunft oder der Vergangenheit).

Ungefähr so nutzt Philip K. Dick des öfteren seine fiktionalen Zeitmaschinen. In „Paycheck“ gibt der Protagonist sich selbst die nötigen Gegenstände seine Zukunft heil zu überstehen und so auch den Lauf der eigenen Geschichte zu verändern. In „Simulacra“ hingegen wird ausgiebiger Gebrauch von der „Von-Lessinger-Apparatur“ gemacht, um Anschläge auf Hitler auszuüben, kurze Einblicke in die Zukunft zu werfen oder, wie es Goltz tut, sich selbst in der Vergangenheit zu beschützen. So sollen andere Parteien, die einem Schaden wollen, es nicht schaffen ihm das Leben zu nehmen, wenn er z.B. noch ein kleines Kind ist und sich nicht seiner Feinde erwehren kann.

Bei einer oberflächlichen Betrachtung machen all diese Handlungen auch durchaus Sinn, denn wenn ich in der Zeit reisen kann, kann ich sie doch auch verändern, oder nicht?

Die Antwort ist genauso komplex wie das Thema selber und wird wohl erst dann wirklich bestätigt werden können, wenn es eine solche Maschine tatsächlich gibt und man so die Folgen durch Experimente verifizieren kann. In der Theorie hingegen, gibt es einige Probleme, die dann auftreten, wenn man in die Vergangenheit reisen kann. Es geht hier tatsächlich explizit um die Reise in die Vergangenheit, denn durch eine Reise in die Vergangenheit rückt ein interessanter Gedanke in den Vordergrund:

 Wenn ich in mich in der Vergangenheit befinde, müssen Vergangenheit, Zukunft und Gegenwart zur selben Zeit koexistieren.

 Für die Menschen, Tiere oder Gegenstände, denen ich während meiner Reise in die Vergangenheit begegne, ist die Vergangenheit die Gegenwart, durch mein Auftauchen wird aber deutlich, dass auch die Zukunft existiert und für mich als Gegenwart gilt, so verschwimmt die Grenze zwischen den drei Zeitbegriffen.

Zusätzlich zu dieser Koexistenz der Zeiten, ergibt sich aus der Situation ein erstes Paradoxon, auf welches ich nun näher eingehen will. Dieses Paradoxon nennt Jim Al-Khalili das „no choice paradox“.

Goltz aus Dicks Buch „Simulacra“ lebt in der Gegenwart und reist mit Hilfe seiner Zeitmaschine zurück in seine Kindheit und behütet sich selber vor den Gefahren seiner politischen Gegner und eventuell auch vor anderen Kleinigkeiten, die sein Leben oder seine Gesundheit gefährden, die Frage ist nur warum? Jegliches Attentat, welches auf ihn in der Vergangenheit ausgeübt werden soll, ist zum Scheitern verurteilt, denn rein technisch gesehen hat er seine Vergangenheit überlebt schon bevor er in die Vergangenheit gereist ist um sich selber vor den Gefahren zu schützen. Oder er hat die Vergangenheit überlebt, weil er aus der zukünftigen Zeit zurück gereist ist, um sich zu schützen, dies beinhaltet aber, dass er solange leben konnte, um sich zu schützen.

Praktisch gesehen hat also Goltz vergangenes Ich keine andere Wahl („no choice“) als weiter zu existieren. Andere Zeitreisende, die versuchen diesen Fakt zu ändern würden wahrscheinlich nur dazu beitragen, dass sich, trotz ihres eigentlichen Vorhabens, nichts daran ändert.

Nehmen wir also an, dass Nicole ihre besten Attentäter in die Vergangenheit sendet, um dort Goltz zu töten. Sie suchen sich den optimalsten Augenblick aus, um das kleine Kind vom Leben zu trennen, nämlich, als er mit seiner Mutter auf dem Spielplatz vollkommen allein im Sandkasten eine Burg errichtet. Sie schießen auf den jungen Goltz und da der Schütze eine zittrige Hand hatte, trifft er die Mutter, diese erliegt ihren Verletzungen und Goltz kann durch einen Zufall seinen Häschern entwischen. Durch diesen Vorfall erlernt er aber früh den Umgang mit einer Waffe und kann sich so in seiner weiteren Zukunft schützen.

Dieses Beispiel ist rein hypothetisch, zeigt aber eine Art, wie ein solches „no choice paradox“ ablaufen könnte.

Überträgt man dieses Beispiel auf mehr als eine Person, so ergibt sich eine Art Schicksalsgedanke, der besagt, dass unser gesamtes Leben vorbestimmt ist. Vor allem im Zusammenhang mit der Koexistenz von Vergangenheit, Zukunft und Gegenwart wird uns eigentlich jeglicher eigener, freier Wille abgesprochen und alles ist nur eine Laune des Universums.

Ich gebe zu, dass dies kein besonders schöner Gedanke ist, aber in sich ist er vollkommen schlüssig, solange wir nur von einem Universum ausgehen, welches wir beeinflussen können. Bei diesem einen Universum kann man Geschehene Aktionen nicht verändern. Beruhigend ist daran allerdings, dass man sich nicht vor Zeitreisenden fürchten muss, die einem nach dem Leben trachten. Auf der anderen Seite ist es auch wieder interessant, ob es eine festgesetzte Zukunft gibt und in welchem Maße wir selbst darauf überhaupt Einfluss haben.

Selbst Goltz, der mit seiner Zeitmaschine im Laufe des Buches mehr als einmal in die Zukunft und oder die Vergangenheit reist, ist nicht davor gefeit erschossen zu werden. Er kann die Handlung nicht beeinflussen, obwohl er sie im gewissen Maße vorhergesehen hat oder er bildet sich ein, dass er absichtlich nicht handelt.

 

Quellen:
 
Al-Khalili, Jim, Black Holes, Wormholes & Time Machines. (1999)
Dick, Philip K., Paycheck. (1953)
Dick, Philip K., Simulacra. (2005)